In der Großingersheimer Martinskirche sind auf einem Holzbrett in der Sakristei drei Pfarrer verzeichnet, die von 1606 bis 1632 ihren Dienst in Großingerheim verrichteten. 26 Jahre lang standen die Mitglieder der Familie Thumm im Dienst der Kirche. Pfarrer Andreas Thumm wurde im September 1634 ermordet.
Der Großingersheimer Pfarrer Michael Harr zeigt auf die Holztafel in der Sakristei, dort steht dreimal der Name Thumm an der Wand. Alle drei waren Pfarrer in Großingersheim, Andreas Thumm wurde im Besigheimer Wald erschlagen. Foto: Helmut Pangerl
Gottfried Thumm, um 1544 in Wolfschlugen geboren, war in Großingersheim nur eine kurze Dienstzeit als Pfarrer beschieden. Im Kirchenvisitationsprotokoll von 1599 heißt es, es gebe über ihn nichts zu klagen, „weder an der Lehr, noch am Leben; commendieren ihm, daß er sein officium fleißig versehe, auch samt den seinen sich ohnärgerlich verhalte.“ Im gleichen Jahr wurde Gottfried Thumm allerdings schon nach Bonlanden versetzt, wo es viel Streit gegeben haben soll, berichtet Helmut Thumm, der die Papiere der Familie zusammengetragen hat.
Im April 1606 kam Pfarrer Gottfried Thumm schließlich nach Großingersheim. Bei einer am 3. April 1605 in Großingersheim gehaltenen Visitation hatte er „sein anbefohlenes Ministerium (Pfarramt) noch nicht bezogen“, er dürfte aber kurz darauf in die Gemeinde gekommen sein. Im Jahr 1609 bat Gottfried Thumm darum, ihn wegen seines hohen Alters zu verleibdingen, also mit einer Rente auf Lebenszeit auszustatten, und seinen Sohn ins Pfarramt einzusetzen.
Johann Gottfried Thumm, Pfarrer und Doktor der Theologie, wurde als Nachfolger seines Vaters 1609 in Großingersheim eingesetzt. Im Kirchenzeugnis steht über ihn, „daß er fleißig, still und eingezogen, ein feiner junger Prediger sei, der sich täglich bessere, allein hat er sich überweibet (eine Frau höheren Standes geheiratet), indem sie meisterlos heßlich, stets blöd und krank dazu ist“. In die Amtszeit von Gottfried Thumm fiel der große Umbau der Martinskirche, der durch den württembergischen Hofbaumeister und Baumeister der Renaissance, Heinrich Schickhardt, veranlasst wurde. Damals wurde der künstlerisch wertvolle Emporenaufgang an der nördlichen Außenseite der Kirche geschaffen. Pfarrer Thumm hat an diesen Baumaßnahmen als „Hausherr“ wesentlich mitgewirkt. Johann Gottfried Thumm verstarb am 30. März 1623 und das Pfarramt bleib weiter in Familienhand.
Johann Gottfrieds Bruder Andreas Thumm trat noch im selben Jahr dessen Nachfolge in Großingersheim an. Es waren schwer Zeiten, die Richard Stein in seiner Ortschronik aus dem Jahre 1903 beschreibt. So wütete 1626 in Kleiningersheim die Pest, die in sieben Monaten 76 Einwohner dahinraffte. Die Lebensmittelpreise stiegen und es gab kaum Geld im Umlauf. Hinzu kamen kriegerische Auseinandersetzungen, die mit der Schlacht bei Nördlingen Ende August 1634 ihren Höhepunkt fanden. Die Kaiserlichen besiegten unter König Ferdinand die Schweden. In aufgelöster Unordnung zogen zuerst diese durch das Land, darauf folgte die siegreiche kaiserliche Armee. Württemberg war schutzlos den umherziehenden Soldaten ausgeliefert, ganze Landstriche wurden geplündert und verwüstet.
Andreas Thumm war bereits ein Schwierigkeiten, weil er sich in Geldgeschäfte eingelassen haben soll, die seiner Stellung als Großingersheimer Pfarrer unwürdig waren. Die Gemeinde trat für ihn ein, und berief sich auf Thumms wackere Haltung in der Pestzeit – doch ohne Erfolg. Thumm selbst wies in einem Gnadengesuch darauf hin, daß sein Urahn Conrad Thumm als Schultheiß in Wolfschlugen einst Herzog Ulrich Unterschlupf gewährt habe, weshalb dessen Nachkommen im evangelischen theologischen Stift in Tübingen die Möglichkeit zum Studium der Theologie eröffnet worden sei. Das Betteln half nichts und das Schicksal nahm seinen Lauf. 1634 wurde er als Geisel samt Familie durch die Kaiserlichen nach Besigheim verschleppt und der Pfarrer von feindlichen Soldaten ermordet. Mit seinem gewaltsamen Tod ging in Großingersheim die Thumm-Dynastie zu Ende. Ob seine Frau und die Kinder auch Opfer der Mörder wurden, ist nicht eindeutig überliefert. Im Besigheimer Totenbuch ist nur Andreas Thumm aufgeführt.