Oben links das Wehr, rechts das Firmenloge von „Bareiß und Schmid“, unten links ein Gemälde von 1850, rechts Eislauf auf dem Neckar.
Zur Kleiningersheimer Mühle führte einst der „Eselsweg“, weil das Mehl mit dem Lasttier transportiert wurde. Ursprünglich war sie ein Lehen der Herrschaft Baden, sprich die Mühle war an die Betreiber ausgeliehen. Im 16. Jahrhundert wurde die kleine Kundenmühle vergrößert. Im Interesse der Bürger brachten die beiden eigenständigen Gemeinden Großingersheim und Kleiningersheim 1530 die Mühle an sich. Für das Lehen erhielt die Herrschaft Württemberg 430 Florentiner, die deutsche Bezeichnung dafür war Gulden. Zu dem Lehen gehörte zudem das Fischrecht an der Mühle, Wiesen, ein naher Steinbruch und jedes Jahr zwei Wagen voll Eichenholz aus dem Forst.
1634 wurde die Kleiningersheimer Mühle zum ersten Mal zerstört. Der Großingersheimer Schultheiß Georg Konrad Fackler (1685 – 1709) wollte deshalb einen Ersatz mit einer Bachmühle in Großingersheim schaffen, dies schlug allerdings fehl. Das Wasser reichte nicht aus, um die zwei Räder zu betreiben. Im Jahr 1720 machte sich der Müller Johannes Mäuerlein daran, die Kleiningersheimer Mühle wieder aufzubauen, musste diese aber wegen finanzieller Schwierigkeiten fünf Jahre später wieder verkaufen.
Im weiteren Verlauf der Jahre wechselten immer wieder die Besitzer, bis hin zu „Bareiß & Schmid“. In einem Briefkopf aus dem Jahre 1904 warb das Unternehmen mit einer elektrischen Kunstmühle in Bietigheim sowie einer elektrischen Zentrale und Kundenmühle in Kleiningersheim. In Kleiningersheim wurde gegen Ende der 1860er-Jahre ebenfalls eine Kunstmühle hinzugebaut.
Diese neue Form der Mühlentechnik war Ende des 18. Jahrhunderts in Amerika entwickelt worden und hielt seit 1820 Einzug in Deutschland. Der Unterschied: Während der Müller in einer Kundenmühle sein Mahlgut innerhalb der Mühle bei jeder neuen Passage nach oben schleppen musste, war bei der Kunstmühle der gesamte Mahlprozess weitgehend automatisiert. Das Mahlgut musste dabei nur einmal aufgeschüttet werden, den restlichen Transport besorgten Becherwerke und Förderschnecken.
In Kleiningersheim wurde diese neue Technik im Jahre 1877 durch ein Feuer zerstört, ein zweites Feuer brach dann nochmals im August 1902 aus. Und der Feuerteufel blieb dem Unternehmen „Bareiß & Schmid“ auch weiterhin nicht erspart.
In der Ludwigsburger Straße in Bietigheim wurde eine Kunstmühle betrieben, die ihren Strom über eine sechs Kilometer lange Leitung aus einem in der Kleiningersheimer Mühle eingerichteten Elektrizitätswerk erhielt.
Im August 1920 brannte die teils fünfstöckige Kunstmühle komplett aus. Im Spätjahr 1921 wurde die Mühle zwar nochmals instandgesetzt, doch schon 1927 musste der Betrieb wegen finanzieller Schwierigkeiten eingestellt werden.
Aus dem Buch „Die Mühlen im Landkreis Ludwigsburg“ von Thomas Schulz
Die Kleiningersheimer Mühle:
Erstnennung: 1341 bereits vorhanden. 1530 gehörte zur Mahlmühle auch eine Schleifmühle. 1634 zerstört, erst 1720/21 von Johannes Mäuerlen wieder neu errichtet. Bannmühle für Groß- und Kleiningersheim. 1791/1804 von Samuel Friedrich Schiedt zusätzlich zu den vier Mahlgängen und dem Gerbgang eine Hanfreibe und ein Hirsengang eingerichtet. 1813 von Jakob Friedrich Schiedt die Hanfreibe durch einen fünften Mahlgang ersetzt und 1815 ein sechster Mahlgang eingerichtet.
Kurzbeschreibung: 1837 Mahlmühle am linken Ufer des Neckars, 540 m langer Unterkanal, fünf unterschlächtige Wasserräder, Besitzer: Karl Barth. 1861 sieben unterschlächtige Wasserräder, die sechs Mahlgänge und einen Gerbgang antreiben, sowie ein Pflatschrad zum Betrieb eines Koppganges. 1869/70 von Jakob Bauer und Nikodemus Bareiß die Mühle umgebaut und erweitert: jetzt fünf Kropfräder für die Kundenmühle mit vier Mahlgängen und einem Gerbgang sowie ein Poncelet-Rad für die Kunstmühle mit vier Mahlgängen „nach französischer Art“. 1877 abgebrannt. 1878 von Nikodemus Bareiß und Christian Schmid wiederaufgebaut. Kundenmühle: ein 7 m hohes und 1,8 m breites Kropfrad, vier Mahlgänge, ein Gerbgang und ein Koppgang; Kunstmühle: ein 7 m hohes und 2,96 m breites Kropfrad, vier Mahlgänge. 1902 erneut abgebrannt. 1905 Kunstmühle und Elektrizitäts-Werk von Bareiß und Schmid, eine radiale Reaktionsturbine. Gefälle 2,45 m, Rohleistung 228 PS bei 7000 l/s Wasserzufluss.
Der erzeugte Strom wird mittels einer 6 km langen Überlandleitung zu einem neu erstellten Zweigwerk der Mühle in Bietigheim übertragen. Das Wassernutzungsrecht erlosch 1914, nachdem die Wasserkraft 1907 an die Stadt Stuttgart verkauft und schließlich in das am anderen Neckarufer erbaute neue Kraftwerk Altwürttemberg einbezogen worden war. Seitdem wurde die Mühle elektrisch betrieben. Mahlbetrieb 1968 von Richard Herrmann eingestellt. Die Mühle war zuletzt mit drei einfachen und drei doppelten Walzenstühlen mit pneumatischer Förderung ausgestattet und hatte eine Tagesleistung von 5 Tonnen.
Zustand 1997: Das nach dem Brand von 1902 errichtete Mühlengebäude sowie das 1858 erbaute Wohnhaus (mit interessanten Hochwassermarken) und verschiedene Stallgebäude sind noch vorhanden. Von den Walzenstühlen sind noch drei vorhanden, davon einer noch in Gebrauch (für den Eigenbedarf des Pferdehofs zum Haferquetschen etc.). Im Mühlengebäude sind außerdem noch weitere Ausstattungsdetails der Mühleneinrichtung erhalten und die Arbeitsabläufe alle noch ablesbar. Wehr und Mühlkanal wurden im Zuge der Neckarkanalisierung beseitigt. Von den ehemaligen wasserbaulichen Anlagen zeugt noch eine Steinbrücke neben dem Wohnhaus, die einst als hochwasserfreier Zugang zur Mühle diente.
Das hast Du sehr, sehr gut gemacht! Weiter solche Themen!! Etwa das alte Schulhaus neben dem Rathaus, sie Schillerschule, Nationalsozialismus in Ingersheim, Karl Braun usw.
Eine gute Nacht und herzliche Grüße
Poldi
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