Ein gern gesehener Gast in der „Tagesschau“: Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Die „Tagesschau“ um 20 Uhr gilt als das nationale Lagerfeuer der Nation. Wer kann versäumt keine Folge dieser medialen Never-Ending-Story, die im Zeitalter von Internet, Tablets und Smartphone allerdings auch etwas antiquiert – sprich immer nach dem gleichen Schema geknüpft – daherkommt. Früher gab es sogar Menschen, die glaubten, der Nachrichtensprecher sehe einen. Deshalb saß man um 20 Uhr hübsch gekämmt und Sonntagskleid vor dem TV-Gerät.
Nimmt man die Sendungen um 20 Uhr näher unter die Lupe, verrät sich das Schema sehr schnell. Es gibt Nachrichten, die mit Filmen und Kommentaren angereichert werden, es gibt Nachrichten, bei denen Filmstückchen nur eingewoben werden, und es gibt Nachrichten ohne Filme, nur mit Hintergrundbild, und Filme, nur mit Hintergrundtext. Regelmäßige Elemente sind der Hinweis auf die eigene Homepage, „für mehr Informationen“, das Wetter und die der Hinweis auf die „Tagesthemen“, die sich die arbeitende Klasse gar nicht anschauen kann. Wer morgens um 6 Uhr ausstehen muss, der überlegt sich ganz genau, ob die „Tagesthemen“ noch gehen oder nicht. Da muss tagsüber schon einiges passiert sein.
Gegen das Schema der „Tagesschau“ lässt sich nichts einwenden. Auch wenn sich Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, im Zuge von „Charlie Hebdo“, „Lügenpresse“ und IS-Geiseln wütende Kritik von Zuschauern anhören musste. Zu beneiden ist Herr Gniffke nicht. Gleichwohl ist die „Tagesschau“ eine Nachrichten-Pressmaschine, die es fertigbringt, in 15 Minuten 16 Beiträge unterzubringen, inklusive Wetter, Hinweis auf die eigene Homepage und die „Tagesthemen“.
Ein „Kriegsbild“ aus der Ukraine aus der „Tagesschau“.
Ein Beispiel: Am 8. Februar folgte dem Wortbeitrag zum Krieg in der Ukraine (1) ein Film, Schwenk zur Münchner Sicherheitskonferenz (2) mit Film, ein Bericht über IS-Kämpfer (3) ohne Film, Wahlen in Nigeria (4) Film eingespielt, Schuldenkrise in Griechenland (5) plus Film und Experteninterview, Referendum in der Slowakei (6) Film eingespielt, Gabriel kritisiert Hartmann (7), Gabriel und der SPD-Kampf um die Mitte (8), Warnstreik an Flughäfen (9), Unfallserie A 9, (10) nur Filmeinspielung, Bundesliga (11) mit Film, die Tabelle nach dem 20. Spieltag (12), Eisschnelllauf (13) mit Film, Karneval in Cottbus (14) Film eingespielt, das Wetter (15) und der Hinweis auf die „Tagesthemen“ (16) mit Merkel-Gespräch und Bundesliga-Hinweis.
Überfordert?
Am 10. Februar ging es ab 20 Uhr zwar etwas langsamer an, dennoch gab es auch 12 Nachrichten in 15 Minuten. Ukraine-Krieg, der heißt übrigens immer noch „Konflikt“ mit Film und Kommentar, Ukraine-Offensive (Gespräche, nicht Krieg), mit Film, ergänzend dazu Putin in Ägypten mit einer Kalaschnikow (wichtig, aber ohne ARD-Erklärung),
Kommentare sollen in der „Tagesschau“ dem Verständnis dienen.
Hinweis auf die eigene Homepage, und wieder Tsipras mit Film und dann Schäuble. Äußerung zu Griechenland (!!), Film zum G20-Treffen in Istanbul und Statements von Schäuble. Darunter auch, dass Griechenland gar kein Thema war?!?? Weiter ging es mit neuen Jobs in der Autoindustrie (ab hier zog das Nachrichten-Tempo mächtig an), Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte plus Film, Bootflüchtlinge in Italien plus Handyfilm, Tod einer US-Geisel in Syrien, Verurteilung des Oppositionsführers in Malaysia wegen Homosexualität verurteilt plus eingespieltem Film, und dann noch (hechel, hechel, hechel) und dann noch die mutmaßliche Zuhälterei von Strauß-Kahn. Wetter, Hinweis auf die „Tagesthemen“ – und wieder eine „Tagesschau“ durchgepeitscht. 1:25 Minuten pro Nachricht im Schnitt und dies ist noch üppig.
Wie immer – seit Jahren: Und zum Schluss „Das Wetter“.
Überfordert?
Nein. Aber an den Häppchen verschluckt und nicht informiert.
Dann doch lieber Zeitung lesen.